24. Januar Jakobi-Treff: "Ist das Würstchen von heute die Zigarette von morgen?"
Ethik des Genug einüben
Zukünftige Ernährung und Landwirtschaft als Thema im Jakobi-Treff „ Kirche und Welt“
"Ist das Würstchen von heute die Zigarette von morgen? Perspektiven einer zukünftigen Ernährung und Landwirtschaft aus christlicher Sicht" war das etwas sperrige Thema des Jakobi-Treffs "Kirche und Welt" im Januar. Karl Wilms konnte als Referent Pfarrer Volker Rotthauwe, Leiter des Fachbereichs Nachhaltige Entwicklung am Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW in der Jakobi-Kirche begrüßen.
Rotthauwe machte deutlich, dass heute unumstritten ist, dass der gegenwärtige Fleischkonsum erheblich zum Klimawandel und zum Verlust der Artenvielfalt beiträgt und in den heute bei uns verzehrten Mengen ungesund ist und zudem die weltweite Ungerechtigkeit fördert.
Aus christlicher Perspektive seien Lebensmittel „Mittel zum Leben“, beim Essen und trinken geht es in der Bibel um Gerechtigkeit, um Kommunikation und um Sinnlichkeit. Auch Papst Franziskus unterstütze dies in der Umwelt-Enzyclica Laudato si: Jedes Tier sei in biblischer Tradition ein gesegnetes Geschöpf Gottes mit eigener Würde, eigenem Recht und eigener Gottesbeziehung. „Ihr Sein hat Vorrang vor ihrem Nützlichsein.“ Die weltweite Ungerechtigkeit bestehe darin, dass 795 Mio. Menschen regelmäßig nicht genug zu essen hätten, die heutige Ernte könnte effizient 12-14 Mrd. Menschen ernähren, aber: „Die Weltgetreideproduktion wird zu mehr als die Hälfte für Futtermittel und sonstiges verwendet“.
Der Pro-Kopfverzehr von Fleisch in Deutschland von ca. 60 kg pro Kopf sei etwa doppelt so hoch wie es der Bedarf an Proteinen sowie Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen erfordere.
Dass Deutschland sich einen „Schweinegürtel“ vom Münsterland über Niedersachsen bis nach Schleswig-Holstein leiste, in dem industriell Schweinefleisch für den Weltmarkt mit Futter aus dem Weltmarkt produziert werde, sei eine echte Fehlentwicklung und ein Missbrauch der natürlichen Ressourcen wie Boden und sauberem Grundwasser.
Was können Kirchengemeinden tun? Da gebe es eine breite Palette von Erntedank-Gottesdiensten, ein fleischloser Tag in der Woche, Fastenzeit ohne Fleisch, gemeinsames Kochen wie z.B.: „Schnippelparties“ für Jugendliche. Entscheidend sei, das Bewusstsein für eine Wende einzuleiten.
Wenn es um Ernährung geht, gelte es, Rituale weiter- bzw. wiederzuentwickeln, um das Bewusstsein der Legitimation zur Tötung von Tieren wach zu halten, die Vision einer gerechten Weltgesellschaft zu verfolgen und eine „Ethik des Genug“ einzuüben.
Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass nicht die bäuerlichen Betriebe das Problem verursachen, sondern die Nahrungsmittelindustrie und der Verbraucher mit dem Hang zu billigem Fleisch. Am Ende dankten die nachdenklichen Zuhörer für die kompetente Darstellung mit herzlichem Applaus.